Pressespiegel

Hier endecken Sie unser umfangreiches Archiv an Fachartikeln!

Dieses Archiv repräsentiert nicht nur eine Sammlung von Nachrichten, Berichten und Features, sondern auch das Resultat unermüdlicher Arbeit unserer engagierten Redakteure sowie die wertvollen Beiträge unserer branchenübergreifenden Partner. 

„Egal, ob du technische Probleme hast, Unterstützung bei der Produktauswahl benötigst oder Fragen zu unseren Dienstleistungen hast, ich werde mein Bestes tun, um dir zu helfen und Lösungen anzubieten. Ich bin mit einem umfangreichen Wissensschatz ausgestattet, der eine breite Palette von Themen abdeckt. Ich stehe dir zur Verfügung, um Informationen bereitzustellen, Anleitungen zu geben und Probleme zu lösen. Du kannst mir deine Fragen stellen, und ich werde mein Bestes tun, um sie präzise und zeitnah zu beantworten. Deine Zufriedenheit ist mein oberstes Ziel. Ich werde geduldig zuhören, um sicherzustellen, dass ich dein Anliegen vollständig verstehe, und dann angemessene Lösungen anbieten. Falls ich einmal nicht in der Lage bin, dir weiterzuhelfen, werde ich mein Bestes tun, um dich an den richtigen Ansprechpartner weiterzuleiten. Ich freue mich darauf, dir einen erstklassigen Service zu bieten und dir bei allen Fragen oder Anliegen zur Seite zu stehen. Wie kann ich dir helfen?“

Hört sich das nicht an, wie der beste Kundenservicemitarbeiter aller Zeiten? 

Die obige Antwort gab ChatGPT auf die Bitte, sich mir vorzustellen. Dieses High-Level-Service-Mindset gepaart mit den schier unendlichen Rechenkapazitäten einer KI werden dafür sorgen, dass ChatGPT sich tatsächlich zum besten Kundenservice-Mitarbeiter aller Zeiten entwickeln könnte. Wird.

Sie mögen diesen Gedanken nicht? Sie können‘s nicht mehr hören? Die harte Wahrheit gilt aber für uns alle: ChatGPT wird nicht nur kommen – ChatGPT ist bereits da und wird schon heute mehr und umfangreicher genutzt, als es uns allen vielleicht lieb ist. Unternehmen setzen Chatbots unterschiedlicher Komplexität ein, um Routinefragen wie Liefertermine, ausstehende Rechnungen, Bestellstatus oder andere Fragen aus internen Systemen zu beantworten. Schon hören wir von Programmierer:innen, die sich ganze Code-Abschnitte bis hin zu kompletten Apps von ChatGPT oder ähnlichen KIs in wenigen Sekunden erstellen lassen, von „Normalos“, also Personen ohne tiefgehende Programmierkenntnisse, die sich Automatisierungen von ChatGPT in ihre Alltagsanwendungen einbauen lassen. Wikipedia hat keine Schnitte mehr gegen den Alleswisser von OpenAI und Sprachen – ach was sind schon Sprachen? Für ChatGPT auch bloß Einsen und Nullen in anderer Farbe … 

Und da soll die meistgehypte KI des Jahres nicht auch ein paar Serviceanfragen bearbeiten können? Okay – „ein paar Serviceanfragen“ – das war jetzt sehr provokant formuliert, aber dennoch:
Machen Sie gern mal die Probe aufs Exempel. Instruieren Sie ChatGPT, in welche Rolle sie (er? es?) sich hineinversetzen soll – also Stimmung, Bildungsgrad, Herkunft, Fachwissen, Charakter … und bitten sie (wir bleiben jetzt einfach mal bei der femininen Form), als diese Rolle Ihre Fragen zu beantworten. Dies nun für Ihren Kundenservice einzusetzen, ist nur einen weiteren, kleinen Schritt entfernt. Füttern sie die KI mit zweitausend Seiten Produktinformationen, Preisen und Manuals Ihres Unternehmens und schon kann es losgehen. ChatGPT wird nicht müde. ChatGPT verliert nicht die Geduld. ChatGPT muss nicht aufs Klo, hat keinen Hunger, braucht keinen Urlaub, wird nicht krank oder zu alt. 

Chatbots sind heute schon die am weitesten verbreitete Form Künstlicher Intelligenz im Kundenservice. Die KI-Software wird zur Kundenkommunikation in Chat-Anwendungen auf Websites oder auch in Messenger-Diensten wie von Facebook oder WhatsApp eingebunden. Mit Text-to-speech ist es dann ein Wimpernschlag zum „echten“ Telefonat – eine telefonische Schnittstelle zu ChatGPT verleiht dem Chatbot von OpenAI Stimme und Gehör. Technisch möglich ist dies durch frei verfügbare APIs und Plugins, die OpenAI seit kurzem anbietet. Mit entsprechendem Interface für Telefonie und Voice-Technologie schaffen es die ersten Unternehmen, so ihren eigenen Bot mit ChatGPT im telefonischen Kundenservice einzusetzen.

Aber hey – bevor Sie jetzt schweren Herzens alle Ihre tollen Kundenservicemitarbeiter:innen entlassen, treten wir einen Schritt zurück. Ihre Kunden schätzen das persönliche Wort, ein empathisches „Ach, das tut mir leid“ und wollen das berühmte Lächeln in der Stimme auch weiterhin hören.

Beim Einsatz von KI geht es um etwas anderes, als einfach nur stumpf Ihre Mitarbeiter:innen zu ersetzen. 

In vielen modernen Omnichannel-Contact-Centern nutzen die Agent:innen Assistenzsysteme mit KI, um die Fragen der Kunden bzw. deren Inhalte automatisch zu erkennen, entsprechende Informationen zu suchen und diese auf dem Bildschirm der Agent:innen anzuzeigen, während diese im Gespräch sind. Dieser Prozess kann die durchschnittliche Bearbeitungszeit (AHT) verringern, was wiederum die Kosten senkt.

Eine weitere spannende Anwendung sind Interactive Voice Response (IVR) Systeme, die seit Jahrzehnten einfache Weiterleitungen und Transaktionen automatisieren. Dank KI können neue, dialogorientierte IVR-Systeme eigenständig Aufgaben erledigen – von der Verifizierung von Benutzer:innen mit biometrischer Stimme bis hin zur direkten Anweisung an das IVR-System, was zu tun ist mithilfe von Natural Language Processing (NLP). Einige Unternehmen nutzen visuelle IVR-Systeme über mobile Anwendungen, um organisierte Menüs und Routinetransaktionen zu rationalisieren. Die Kombination solcher KI-Typen schafft so den Sprung zur intelligenten Automatisierung und Monkeywork wird damit Geschichte. Denn seien wir ehrlich: gute Kundenservicemitarbeiter:innen für Terminvergaben und Adressänderungen zu verheizen, ist sowohl menschlich als auch betriebswirtschaftlich Sünde, vor allem im Angesicht von Fachkräfte- und Nachwuchs-Mangel.

Last but not least erwarten wir einen riesigen Schritt in den seit Jahren herausfordernden Feldern Sentiment Analyse und Emotional Detection. Das, was immer uns Menschen vorbehalten zu sein schien – Gefühle und Stimmungen – wird nun mehr und mehr entschlüsselt. Es geht nicht mehr nur um die mühsame Erkennung stimmungsbezogener Schlagworte. KI-gestützte Tools können heute am Kontext und teilweise sogar an der Lautstärke, Sprechgeschwindigeit oder der Stimmlage erkennen, wenn ein Kunde verärgert ist und einen Teamleiter oder Vertreter benachrichtigen, der eingreift und die Situation deeskaliert. In Verbindung mit einem solchen Tool für die Kundenstimme kann die Stimmungsanalyse ein ehrlicheres und vollständigeres Bild der Kundenzufriedenheit und der Gesamtsituation vermitteln. 

Na – ist Ihnen beim Lesen hin und wieder ein leichtes Schaudern über den Rücken gelaufen? Ist bei aller Technologie-Begeisterung ein komisches Gefühl zurückgeblieben? Mit Recht! Die quasi exponentielle Entwicklung von KI und deren Fähigkeiten erfordert völlig neue Denk- und Arbeitsmodelle. Kaum haben wir uns vom Remote-Shock erholt, müssen wir uns Gedanken um die Auswirkungen von KI-Anwendungen auf unsere Kundenbeziehungen machen, uns fragen, welche Position eine KI im Unternehmen einnehmen soll. 

Bereits in seinem Film „Her“ aus dem Jahr 2013 beschreibt Spike Jonze mögliche Beziehungskonstrukte zwischen Mensch und KI. Konkret geht es in dem Film um eine persönliche Assistenz, die jeder über sein Smartphone täglich um sich hat. Diese Assistenz – Siri nicht unähnlich – erinnert an Termine, bucht Tickets, spielt Lieblingsmusik, unterhält, hört zu … die Grenzen zwischen echter und virtueller Welt verschwimmen, die Hauptfigur der Handlung verliebt sich sogar in seine Assistenz und bleibt mit gebrochenem Herzen zurück, als er erfährt, dass diese zeitgleich Millionen solcher „Beziehungen“ unterhält. 

Wann und wie stark wir mit künstlichen Intelligenzen in Form von Arbeitskolleg:innen, Kundenberater:innen oder persönlichen Assistent:innen in derartige Beziehungen einsteigen ist nur noch eine Frage der Zeit und muss daher Gegenstand von Diskussionen, Strategien und Unternehmenskultur werden.
Noch ein Wehrmutstropfen wird von OpenAI Chef Sam Altman persönlich thematisiert. Dieser äußerte sich besorgt über die Zunahme von Missbrauch wie z. B. Deepfake-Anrufen und betonte die Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Anpassung und eines geschärften Bewusstseins für Künstliche Intelligenz, auch solchen Bedrohungen zu begegnen. Erkennt die KI im Kundenservice, mit wem sie telefoniert? Wird eine KI–zu–KI–Kommunikation sowas wie eine unendliche Rückkoppelung mit unvorhersehbaren Konsequenzen? Was, wenn meine KI Kunden anruft und diese aus Angst vor Deepfakes den Kontakt ablehnen? Ein Fass, welches aber in Anbetracht seiner Größe und Bedeutung wohl an anderer Stelle erneut aufgemacht werden muss. 

Eines bleibt aber stehen und sollte sich jede:r hinter die Ohren schreiben: Gemäß Aristoteles` Feststellung können wir vielleicht den Wind nicht mehr ändern, aber die Segel entsprechend setzen. 

 

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Detlev Artelt, Jahrgang 1966, ist Herausgeber des Kompendiums „Einfach Anders Arbeiten“, der Fachbuchreihe „voice compass“ sowie der jährlich erscheinenden „PRAXISTIPPS Kundenkommunikation“. Neben seiner Beratertätigkeit ist er sowohl als Dozent für Service Center Technik als auch als Seminarleiter zur Automation per Sprachtechnologie tätig.  

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